Emotionen

Es ist zu vermuten, dass Emotionen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung impulsiver Kaufentscheidungen spielen. Darauf weisen die Befragungen von Konsumenten von Rook (1987) hin, die in Kapitel 2.5, Folgen für den Konsumenten, bereits genannt wurden. Auch Weinberg und Gottwald haben 1982 eine Untersuchung durchgeführt, die sich mit Emotionen beim Impulskauf beschäftigt. Ihre Studie „Impulsive Consumer Buying as a Result of Emotions“ untersucht anhand von Befragungen und von Videoaufzeichnungen, die 16 auf Äußerungen von Emotionen wie Mimik analysiert wurden, das Zusammenspiel von Emotionen und Impulskäufen. Die Daten der Käufer und nicht Käufer wurden verglichen und es stellte sich heraus, „that the buyers assess themselve as sinificantly more amused, more delighted, and more enthusiastic than nonbuyers“* (Weinberg & Gottwald, 1982, S. 52). Außerdem haben sie mehr Interesse, Freude und Enthusiasmus, aber weniger Verwunderung und Gleichgültigkeit erfahren (vgl. Weinberg & Gottwald, 1982, S. 52). Die Angaben der Konsumenten wurden von den Videoanalysen bestätigt, es besteht ein signifikanter Unterschied in der Mimik der Impulskäufer und der Nichtkäufer.

Wie genau Emotionen und Aktivierung und somit Emotionen und Impulskäufe verbunden sind ist nicht geklärt, jedoch zählt Aktivierung als grundlegende Determinante für Verhalten, dass mit Emotionen verbunden ist (vgl. Baun, 2003, S. 66). Es gibt unterschiedliche Ansätze bei den Emotionstheorien, für die Betrachtung emotionaler Prozesse, die beim Impulskauf entstehen, scheint die differentielle Emotionstheorie geeignet, weil diese von der komplexen Interaktion aktivierender und kognitiver Prozesse bei der Entstehung von Emotionen ausgeht (vgl. Baun, 2003, S. 67). „Es wird grundsätzlich Unabhängigkeit der emotionalen Prozesse von den kognitiven Prozessen, dafür jedoch ständige Interaktion zwischen beiden Systemen unterstellt“ (Baun, 2003, S. 67). Die differentielle Emotionstheorie unterscheidet in zehn Basisemotionen und zählt die affektiv-kognitiven Strukturen als wichtigen Bestandteil, die die Interaktion zwischen Affekten und Kognitionen bezeichnen (vgl. Baun, 2003, S. 68). Jeder der zehn Emotionen werden zwei Bezeichnungen zugeordnet, um zu verdeutlichen, „dass jede Emotionsdimension in ihrer Intensität unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann“ (Baun, 2003, S. 69).

Bei der Entstehung eines Kaufimpulses können negative Emotionen ausgeschlossen werden, weil diese auf der Verhaltensebene zum Meiden des Reizes führen würden (vgl. Baun, 2003, S. 70). Zwar kann man Emotionen nicht allgemein als positiv oder negativ einstufen, weil dies manchmal umschlagen kann, jedoch gehen wir hier zur Vereinfachung davon aus, dass bestimmte Emotionen eher negative und andere eher positive Folgen haben. Demnach sind Interesse und Freude die beiden positiven Emotionen bei der differentiellen Emotionstheorie, die man genauer im Zusammenhang mit der Entstehung von impulsiven Kaufentscheidungen betrachten sollte. Außerdem erscheint es sinnvoll die Dimension Überraschung zu betrachten, da diese weder positiv noch negativ eingeordnet werden kann (vgl. Izard, 1994, zitiert nach Baun, 2003, S. 70). Diese drei Emotionen werden im Folgenden genauer betrachtet.

„Die Emotion Interesse-Erregung wird als die auf der Bewusstseinsebene am häufigsten auftretende Begleiterscheinung von selektiver Wahrnehmung und kognitiven Prozessen genannt“ (vgl. Izard, 1994, zitiert nach Baun, 2003, S. 71). Dies muss auch beim Impulskauf gelten, jedoch eingeschränkt (vgl. Baun, 2003, S. 71).Bei einem ungeplanten Kauf geht man grundsätzlich von einem erhöhten Interesse aus, das eine Basis der kognitiven Wahrnehmungsprozesse ist. „Man kann davon ausgehen, dass Interesse-Erregung für den Impulskauf – abgesehen von der Bedeutung im Rahmen der Reizselektion – keine weitere Bedeutung zukommt, da diese Emotionsdimension vorwiegend als kognitiv geprägte Größe verstanden wird“ (Baun, 2003, S. 71).

Freude „kann als Nebenprodukt einer Wahrnehmung, aber auch von Vorstelllungen und von den Ergebnissen einer Handlung herrühre. Sie kann ebenfalls entstehen durch kreatives Handeln, durch den erfolgreichen Abschluss einer kreativen Handlung, aber auch im Rahmen einer Entdeckung“ (Baun, 2003, S. 72). Die Emotion Freude kann mit durch Genussfähigkeit, Bindung, Stärke/Vitalität, Überlegenheit/Freiheit und Harmonie charakterisiert werden (vgl. Baun, 2003, S. 72). Sie führt dazu, etwas stärker zu genießen und zu schätzen, ein Gegenstand wird in der Gesamtheit wahrgenommen und nicht ins Detail analysiert. Auf der Wahrnehmungsebene äußert sich dies mit dem sogenannten Effekt der „rosaroten Brille“: „Jeder sensorische Reizstrom wird angenehmer erlebt als unter der Bedingung negativer Emotionen“ (Baun, 2003, S. 73). Negative Emotionen werden weniger wahrgenommen und somit wird die Geduld, Toleranz und Gelassenheit gesteigert, ein Gefühl der Zugehörigkeit und Einheit entsteht zwischen Mensch und Objekt (vgl. Baun, 2003, S. 73). Mit der Freude folgt ein angenehmes, selbstbewusstes und sorgloses Erleben, das impulsives Verhalten wahrscheinlicher macht (vgl. Izard, 1994, zitiert nach Baun, 2003, S. 7). Um Freude entstehen zu lassen sind nicht zwingend externe Reize erforderlich, jedoch ist anzunehmen, dass es möglich ist und diese zu einer Herabsetzung der Risikowahrnehmung und „zu einem spontanem Gefühl der Einheit mit dem Produkt führen. […] Der Emotionsdimension Freude kommt damit eine zentrale Rolle bei der Entstehung von impulsiven Kaufentscheidungen zu“ (Baun, 2003, S. 74).

„Überraschung wird ausgelöst durch ein plötzliches, unerwartetes Ereignis“ (Baun, 2003, S. 75) und führt zu einem starken Anstieg der Aktivierung, welche sehr wichtig für die Entstehung eines Kaufimpulses ist. Das Empfinden der Überraschung hält zwar nur kurz an, aber es führt zu einer Fokussierung der Aufmerksamkeit auf eine bestimmte veränderte Reizkonstellation (vgl. Baun, 2003, S. 75). In den meisten Fällen wird Überraschung mit positiven Folgen assoziiert und solange das so wahrgenommen wird, „kann davon ausgegangen werden, dass diese Emotion aufgrund der damit einhergehenden hohen phasischen Aktivierung bei gleichzeitig geringer kognitiver Antriebswirkung am ehesten unmittelbar in eine impulsive Kaufhandlung umgesetzt wird“ (Baun, 2003, S. 75).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die drei genannten Emotionen Einfluss auf eine impulsive Kaufentscheidung nehmen. Interesse ist relevant um für eine selektive Reizauswahl zu sorgen, spielt bei der Entstehung der impulsiven Kaufentscheidung aber eher eine untergeordnete Rolle. Überraschung kann durch stark aktivierende Reize, z.B. am PoS eingesetzt, erzeugt werden und zu einem Impulskauf führen, wenn die Überraschung als positiv und angenehm empfunden wird. Durch die Schaffung eines Angebots, das die emotionalen Bedürfnisse anspricht, kann Freude erzeugt werden, die wiederum zu einer emotionalen und kreativen Auseinandersetzung mit dem Produkt und dessen Reizumfeld führen kann (vgl. Baun, 2003, S. 76). „Auch eine kombinierte Wirkung von Überraschung und Freude ist bei der Entstehung von impulsiven Kaufentscheidungen denkbar“ (Baun, 2003, S. 76).

(*dass die Käufer sich selbst als signifikant mehr entzückt, mehr erfreut und enthusiastischer als Nichtkäufer einschätzen)

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